Ein kleiner Reisebericht

Soeben komme ich vom Telefon mit unserer „Grossen“. Sie ist in der Schweiz und wir sind in Italien. Vor wenigen Tagen sind wir hierhergefahren ins schöne Francavilla.

Trotz aller Medienberichte und Meldungen haben wir uns letzte Woche entschieden loszuziehen. So packen wir alles für eine Woche zusammen, überlassen die Pflanzen unserer Nachbarin und verabschieden uns von unserer Tochter, die wir in guten Händen wissen bei der Grossmutter und fahren in aller Herrgottsfrühe los. Schlimmstenfalls würden wir wohl an der Grenze einfach wieder nach Hause geschickt werden, oder? Ohne Zwischenfälle und ohne jemandem an der Grenze zu begegnen fahren wir bis an unser Ziel.

Das Reisen ist schon irgendwie komisch. Es tut etwas mit einem. Ich beobachte immer wieder gerne wie sich die Landschaft verändert und die Architektur der Häuser sich im Laufe der Reise immer mehr wandelt. Sobald das Meer zum ersten Mal am Horizont auftaucht, wissen wir; wir sind definitiv auf dem Weg in den Süden. Oft frage ich mich dann: „Sind wir in diesem Land willkommen?“ Wir sind hier die Fremden. Wir verstehen nur Bruchstücke der Sprache und die Kultur ist, trotz der „Nähe“ der Länder, frappant anders. Das Andersartige und Neue ist faszinierend. Läden sind anders angeschrieben, Strassentafeln sehen anders aus als bei uns, unvertraute Geräusche dringen an unsere Ohren und die Menschen kleiden sich anders. Wie leben die Menschen in diesem Land? Wie gestalten sie ihr Leben? Wie sieht ihr Alltag aus? Welche Werte sind ihnen wichtig?

Viele Gedanken und Fragen tauchen auf und ich habe das Gefühl ich verändere mich einmal mehr auf dieser Reise. Ich kann wieder einmal besser verstehen wie jemand sich in einer fremden Umgebung fühlt. Ich weiss, wie verloren man sich fühlen kann wenn man die Kassiererin im Laden nicht versteht. Ich kann nachempfinden wie verunsichert man ist, wenn man angestarrt wird nur weil man nicht dasselbe trägt wie alle anderen. Da sind Begegnungen mit Menschen heilsam, die einem ein Lächeln schenken, einfach so, ohne Grund. Menschen die extra langsam sprechen und Hände und Füssen zu Hilfe nehmen um sich verständlich zu machen. Menschen, die geduldig warten, bis man das fremde „Münz“ abgezählt hat. Menschen, die einem wohlwollend begegnen.

Und natürlich ist die Freude gross, endlich Freunde zu umarmen, die wir nach langer Zeit wiedersehen um mit ihnen an einem nächsten Projekt zu arbeiten. Was wird uns die nächsten Tage erwarten? Viele theologische Fragen werden gewälzt werden, ein Parkourpark soll am Strand entstehen und wir werden uns Zeit nehmen um mit Menschen, die eine DTS (Jüngerschaftsschule von Jugend mit einer Mission) machen zu reden, zu beten, zuzuhören und da zu sein und mit ihnen ein Stück Lebensweg zu gehen.

Ich bin froh zu hören, dass es unserer Tochter gut geht. Sie ist schon so gross und doch bedaure ich es, dass sie nicht mit uns unterwegs sein kann. Wir vermissen sie in unserer Sechserbande! Das ist ein Umstand an den ich mich wohl oder übel gewöhnen muss. Mein Leben verändert sich. Das Leben verändert uns und die Menschen um uns herum… das hat das Leben so in sich 😉

Sabbathruhe

Zur Zeit lese ich das Buch „Oasenzeiten“ der Autorin Lynn Austin. Das Kapitel „Sabbathruhe“ berührte etwas tief in mir. Zum Einen, weil es mir/uns so schwer fällt zur Ruhe zu kommen (viele wissen gar nicht mehr wie das geht) und zum Anderen weil das jüdische Volk schon seit Jahrtausenden diesen Ruhetag begeht.

Lynn Austin beschreibt in ihrem Reisebericht, dass am Freitagabend, sobald die Sonne untergegangen ist, in Jerusalem die Sabbathruhe beginnt. Die Linienbusse fahren ins Depot, der Ofen und der Herd in den Restaurants heizen nicht mehr, Computer und Handys werden ausgeschaltet, Essen und Tischdekoration sind vorbereitet und so beginnt der Sabbath mit einem Mahl. Familien versammeln sich, man isst und trinkt miteinander, man teilt und empfängt. Jeder ist ganz DA, im Hier und Jetzt, weil alles andere warten muss. Dieses mir-selbst-begegnen ist nicht immer einfach, oftmals ist es unbequem und lästig und ich denke bei mir: „Hört denn die Arbeit nie auf?“ und doch weiss ich, dass diese Zeiten Heilung und Ruhe bringen..

Diese Sabbathruhe wurde vom jüdischen Volk über Generationen an verschiedensten Orten gefeiert, in Zelten, Hütten, Häusern, in Ghettos, Konzentrationslagern, in Dörfern und Städten. Gotte sagte „heiligt den Sabbath“. „Heilig“ bedeutet „ausgesondert“ oder „besonders“. Dieser Tag ist nicht wie jeder andere.

Die Erkenntnis, dass ich in eine sehr alte Tradition eintauche, wenn ich den Ruhetag einhalte, berührt etwas tief in mir. Diese Wurzel, wie Paulus es beschreibt, besteht schon lange und wir als Christen sind aufgepfropft auf diesen Baum, der aus dieser Wurzel gewachsen ist und wir dürfen teilhaben an diesem Segen, den Gott Abraham versprochen hat: „Durch dich und dein Volk will ich alle Völker auf der Erde segnen.“ (nach 1. Mose 12, 1-3)

Das jüdische Volk ist für mich ein Beweis dafür, dass die Bibel wahr ist. Viele Kulturen und Nationen von welchen wir wissen, Griechen, Römer, Phönizier, Assyrer, Babylonier,… gibt es in dieser Form nicht mehr. Doch das jüdische Volk lebt mitten unter uns und feiert jede Woche, für alle sichtbar, den Sabbath.

Sternennacht

Wann ward ihr das letzte Mal bei Sternenschein draussen und habt euch die Zeit genommen die Lichter am Himmel zu betrachten? Für solche Unterfangen war es jetzt auch noch etwas kalt, und doch ist es etwas anderes den Nachthimmel draussen an der frischen Luft zu betrachten anstatt nur durch die Fensterscheibe hinauszuschauen.

Besonders des Nachts tauchen viele Sorgen, Ängste und Trauer auf (der unschöne Streit unter den Kindern, finanzielle Belastungen, ungelöste Eheprobleme, gärender Familienstreit, herausfordernde Schulsituation mit den Kindern, Stress mit dem Chef/Arbeitskollegen, aufwühlende Traumas aus Kindertagen, die an die Oberfläche drücken, Krankheit, Todesfall eines lieben Menschen), die während des hellen Tages weniger bedrohlich scheinen. Doch bei Dunkelheit und Stille werden sie laut und wollen sich in unseren Gedanken Gehör verschaffen.

Da hilft es mir manchmal einfach in die Nacht hinauszugehen und die Sterne zu betrachten. Meinen Blick auszurichten in die Unendlichkeit des Universums und mit dem Herzen mich dem Ewigen zu öffnen. Er ist derjenige, der die aufwühlenden Dinge wieder ins rechte Licht rückt, bei ihm kann ich abladen, durchatmen, loslassen. Ein Blick in den Sternenhimmel, umgeben von den Geräuschen der Nacht und der kühlen Nachtluft, die mir um die Nase streicht, hilft mir zu erkennen, dass da einer ist, der grösser ist als ich, grösser als meine Sorgen und Ängste. Einer, der um all das weiss, was mich beschäftigt, meine geflüsterten Gebete hört und meine wirbelnden Gedanken zu einem ruhigen Gedankenfluss lenkt. Die unendliche  Weite lässt mich klein und unbedeutend erscheinen und doch weiss ich, dass er mich und meine Liebsten kennt, um meine Träume und Wünsche weiss und gleichzeitig den Lauf der Zeit lenkt und das Weltgeschehen im Blick hat.

Diese Gewissheit lässt mich beruhigt unter die Bettdecke schlüpfen, ein geflüstertes Danke auf den Lippen und einem Frieden im Herzen, der nicht von dieser Welt ist.

Guet Nacht…

Warum starb Jesus für mich? – eine Reflexion

Vor wenigen Wochen feierten wir das Osterfest. In den Schaufenstern sahen wir Hasen und Eier in allen Frühlingsfarben. – (Wie war das nochmal? Was ist damals passiert?) – Jesus von dem sie sagten er sei der König der Juden oder der Messias wurde auf eine damals übliche, grausame Weise hingerichtet. Nach seinem Tod wurde er in Eile in ein leeres Grab gelegt, weil der Shabbat begann. Nach dem Shabbat aber war das Grab leer. Jesus ist von den Toten auferstanden. – (Okay und warum starb Jesus nochmal? Und warum ist das für mich wichtig?)

Diese Frage geht mir in den letzten Tagen durch den Kopf. Die Erklärung mit der ich aufgewachsen bin: „Jesus starb für uns damit wir versöhnt sind mit Gott dem Vater“ (Also hat der was gegen mich? – Nicht wirklich, aber er mag keine Sünde(r)). Ich habe im Laufe der Zeit viele Geschichten darüber gehört, warum dies so sein muss. Eine davon ist, dass wir mit jeder einzelnen Sünde, die wir begehen, einen Pfeil auf Gott abschiessen. Gott lässt sich dies aber nicht gefallen und schiesst zurück. „Gott sei Dank“ stürzt sich Jesus dazwischen und fängt die Pfeile ab und stirbt für mich. – (Ähm, also Gott verlangt von uns, dass wir vergeben, aber er selbst vergibt nicht, obschon er das im „Vater unser“ so sagt ,… wie auch wir vergeben unseren Schuldigern…“? Braucht Gott einen Sündenbock?)

Eine andere Erklärung lautet so, dass wir mit all dem Unrecht, das wir begangen haben uns unrein machen und so nicht vor Gott treten können. Gott ist so heilig, dass wir zuerst sauber sein müssen bevor wir zu ihm gehen können, denn er kann Schmutz nicht ausstehen. Gott kann uns dann durch die Brille von Jesu Tod ansehen. Durch den Tod von Jesus sind wir sind reingewaschen und können so sauber vor Gott treten. – (Ähm, aber Jesus war auch dauernd unter den Menschen und die waren doch unrein und nicht perfekt? Sind Gott und Jesus nicht ein und die-/derselbe?)

Diese Erklärungen klangen für mich je länger je mehr nach dem Spiel guter/böser Polizist. Gott klagt mich an für alle meine Fehler und verurteilt mich zum Tode. In letzter Sekunde springt Jesus auf und ruft: „Nein, nein, für sie bin ich gestorben, ich kenne sie und sie kennt mich.“ Gott dreht sich um, schlägt mit der Faust auf die Armlehne seines Thrones und ruft: „Mist schon wieder eine durch die Lappen.“

Das grösste Problem wurde für mich aber, wie der Vater dargestellt wird. Mit Jesus hatte ich da gar keine Probleme, der war mein Freund und starb sogar für mich. Aber der Vater? In welchem Licht erscheint er? Gott wird sooooo wütend darüber, dass ich Unrecht tue. Er wird dermassen wütend, dass unbedingt jemand sterben muss damit er seine Wut abreagieren kann. Das heisst, er lässt seinen Sohn töten und dann ist alles wieder in Butter? (Also ehrlich gesagt weiss ich nicht, ob mit einem solchen Typen befreundet sein möchte. Sein Sohn ist ja voll Okay, aber der Vater hat irgendwie ein Problem!)

Ist das wahr? Muss Gott wirklich Blut und Tod sehen um mit mir/uns Menschen eine Beziehung haben zu können?

Vor ungefähr 20 Jahren hat Gott während einer Zeit der Stille zu mir gesagt: „Ich bin nicht so wie du denkst, dass ich bin.“ Das war der Anfang einer langen Reise, die mich Gott Vater näher brachte. Sie führte mich durch trockene, sengende Wüsten, zu schwindelerregenden Höhen, zu verborgenen Quellen und sprudelnden Bergbächen. Wie konnte ich einem Gott vertrauen, der seinen Sohn töten liess um seinen Zorn zu besänftigen? Bei dem ich nicht wusste, ob das Opfer, das Jesus brachte auch reichen würde. Es könnte ja sein, dass ich etwas tue, das ihn wieder wütend macht und was dann? Würde ich diesmal wieder ungeschoren davonkommen? Ich war Jesus total dankbar für alles, was er für mich getan hatte, aber mit dem Vater wollte ich lieber nicht all zu viel zu tun haben. Man kann ja nie wissen… Und doch war dieses Verlangen da, Gott besser kennen zu lernen. Ich liebte diesen Gott auch wenn ich, gelinde gesagt, ein etwas gestörtes Verhältnis zu ihm hatte.

Die letzten 20 Jahre hat Gott mich weggeführt von so vielem von dem ich dachte ich müsse es tun, um Gott zu gefallen. Ich dachte, ich müsse jeden Tag Bibel lesen, ich müsse jeden Sonntag in den Gottesdienst gehen, ich müsse anderen Menschen von Gott erzählen, ich müsse ein gutes Leben leben, um in den Himmel zu kommen, ich muss …, ich sollte noch …., ich muss … – Bis ich aufhörte in der Bibel zu lesen (letztes Jahr fing ich wieder an, weil wir eine Bibelschule machten – ohne Bibellesen ging da nichts 😉), weil alles, was ich las, klagte mich an. Ich hatte das Gefühl niemals genügen zu können. Ich hörte auf in die Gottesdienste zu gehen. Alles was von der Kanzel kam, setzte mich unter Druck mich noch mehr anzustrengen (obwohl das sicherlich nicht so gemeint war). Ich wollte Gott direkt hören. Ich wollte den direkten Draht. Ich wollte Gott im Alltag, jeden einzelnen Tag, ehrlich, lebendig, authentisch, echt, ohne „so tun als ob“, ohne Floskeln, ohne verkrampft zu sein.

Also wie ist dieser Gott denn nun? Wie bring ich diese Bilder mit dem liebenden Vater zusammen, von dem immer gesprochen wird? Warum musste denn dieser Jesus sterben, wenn Gott ein liebeder Vater ist und nicht diese wütende Furie? Was wenn es gar nicht um Strafe geht bei diesem Kreuzestod? Was ist wenn es gar nicht darum geht Gott zu besänftigen? Was wenn es um mich und meine Scham geht? (Hä? Wie jetzt? Jetzt geht`s plötzlich um Scham? 🤔)

Ganz zu Beginn in der Bibel (1.Mose 3) finden wir zwei die sich sehr geschämt haben für ihre Nacktheit, dass sie sich sogar aus Feigenblättern Lendenschürzen machten. Diese Bekleidung hielt wohl nicht seht lange aber es war besser als nichts. (Gott dachte wohl bei sich: “Nein so geht das nicht, so sind Adam und Eva nur mit ihrer Kleiderherstellung beschäftigt, es muss anders gehen 😉) Nicht Gott schämte sich für die Nacktheit, denn er hatte Adam und Eva so geschaffen, aber er brachte eine langanhaltende Lösung für die beiden und gab ihnen Fellkleidung. Dafür musste ein Tier sterben, doch so fand das Thema Scham eine abschliessende Lösung, Adam und Eva konnten sich geschützt und frei auf der Erde bewegen.

Wir basteln uns heutzutage keine Lendenschürzen aus Feigen mehr und doch wissen wir alle was Scham ist (Bin ich richtig, so wie ich bin? Bin ich schön genug? Leiste ich genug? Gehöre ich dazu?) und kennen Scham-Schutz-Mechanismen. Tief in uns wissen wir, dass wir vor Gott nicht bestehen können. Im Licht seiner Heiligkeit, fühlen wir uns beschämt, unwürdig und klein (wie Jesaja) und doch versuchen wir uns selbst einzureden, dass das schon okay ist was wir tun oder überzeugen andere davon, dass das was wir tun total in Ordnung ist. (So eine kleine Notlüge tut doch niemandem weh, in unserer Gesellschaft wird das so akzeptiert und praktiziert.) Wir halten uns an die neutestamentlichen Prinzipien, arbeiten ehrenamtlich in der Kirche mit, gehen nach Afrika in die Mission, unterstützen Missionare in Peru, lesen täglich in der Bibel, … tun 1000 Dinge um Gott zu gefallen und uns vielleicht doch noch seine Gunst zu verdienen. Dazu eine kleine Geschichte:

Ein Mann kommt in den Himmel, steht vor dem Himmelstor und fragt Petrus: „Hallo Petrus, kann ich rein?“ – Petrus antwortet: „Hm, keine Ahnung, wieviele Punkte hast du?“ – „Punkte? Wie? Was? – Wieviel Punkte brauche ich denn?“ – Petrus antwortet: „100 Punkte, du brauchst 100 Punkte“ – „Oh ähm, also ich habe 20 Jahre in der Suppenküche gearbeitet, Menschen geholfen…“. – „Ah ja, das gibt einen Punkt.“ – „Was einen Punkt? Einen Punkt pro Jahr?“, fragt der Mann. „Nein, einfach einen Punkt“ – „Oh, okay… dann war ich noch Pastor für 25 Jahre…“ – „Aha“, meint Petrus „also gut dafür gebe ich dir auch einen Punkt“. Der Mann vor dem Himmelstor sucht verzweifelt nach weiteren Dingen, die ihm einen Punkt einbringen könnten. Da taucht ein anderer Mann auf und marschiert mit grossen Schritten auf das grosse Tor zu. Der ehemalige Pastor unterbricht seine Gedanken und erkennt in dem anderen Mann einen Geschäftsmann. Dieser winkt Petrus zu und ruft: „Hallo Petrus“ – „Hey wie geht`s? Alles klar?“ – „Ja alles in Ordnung“ und mit diesen Worten verschwindet er hinter dem Tor. „Hey was ist mit diesem Typen?“ ruft der erste Mann aufgebracht. Petrus schaut ihn nur verständnislos an und meint: „Ach, der! – Weisst du, der spielt dieses Spiel nicht mit …“

Nicht Gott brauchte den Tod Jesu um uns wieder anschauen zu können, sondern wir Menschen brauchen ihn um Gott wieder anschauen zu können. Der Tod Jesu beantwortet etwas in mir, er beantwortet nicht etwas in Gott. Die letzten Jahre waren eine Reise für mich: von einem Gott, der das Opfer „braucht“ – zu einem Gott der das Opfer „ist“.

Ähm – und wo in der Geschichte finden wir die Hasen und Eier? Tja, das ist ein anderes Thema… vielleicht in einem anderen Blog 😉

Die einsame Insel

Wünschen wir uns nicht manchmal weit weg auf eine einsame Insel? Einfach in Ruhe gelassen werden von allen Sorgen und Problemen? Schwierigkeiten und Mühsal wünschen wir, weit hinter uns zu lassen?

Könnten wir uns dies nicht auch beim Volk Israel fragen? Warum hat Gott genau diesen Fleck Erde für sein Volk ausgesucht? Hätte Gott nicht viel besser sein Volk einfach auf eine einsame Insel geschickt und sie dort gelehrt? Dort hätte es keine andern Völker gegeben, keine aggressiven Könige, die ihr Territorium vergrössern wollten, keine gruseligen Riten und menschenunwürdige Götzendienste.

Aber nein! Gott hat sein Volk mitten in einen Knotenpunkt gesetzt. Die Handelsstrasse zwischen Ägypten, Assyrien und Babylonien führte genau durch das Königreich Israel/Juda. Als das römische Reich in Richtung Persien expandierte kam es auch dort vorbei genauso wie zuvor Alexander der Grosse.

Immer wieder zogen Händler und Reisende durch des Gebiet des Volkes Israel. So ein kleines Land und doch war es genau das, was Gott Abraham versprochen hatte in 1. Mose 12, 2: „Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein.“

Dies ist der Grund warum wir nicht abgeschottet auf einer einsamen Insel vor uns her vegetieren. Nein, wir stehen HIER, mitten im Leben. Wir leben mit unseren Familien, unseren Nachbarn, unseren Gaben, unserer Arbeit, unserer Leidenschaft hier auf dieser Erde. Dieses Versprechen gilt auch uns. Wir SIND gesegnet – auch wenn wir das nicht jeden Tag so sehen – und wir SIND ein Segen für andere. Wir sind ein Segen für andere trotz unserer Fehler, Schwächen und Unzulänglichkeiten. Die Betonung liegt auf sein und nicht auf TUN! 😊

Gott will alle Menschen segnen, weil er die Erde, alles und alle, die darauf leben, liebt.

Welcher Stimme höre ich zu?

Was tun wir, wenn die Schuld drückt? Was tun wir, wenn sich unsere Gedanken immer wieder um dieselbe Frage dreht? Was hätte ich anders machen können? Warum habe ich getan, was ich getan habe? Warum habe ich dies oder das gesagt? Warum habe ich geschwiegen? Ich hätte es besser wissen müssen!

Was tun wir, wenn wir uns als totale Versager/innen vorkommen? Was tun wir wenn unser Herz uns anklagt und mit jedem Schritt wiederholt: “Versager! Lügnerin! Feigling!“ Diese inneren Gedankengänge umhüllen uns wie einen unsichtbarer Mantel. Johannes umschreibt etwas ähnliches in seinem ersten Brief: „… dass, wenn unser Herz uns verdammt, Gott grösser ist als unser Herz und erkennt alle Dinge…“ (1. Johannes 3, 20)

Aha! Gott ist grösser und er kennt alle Dinge. Er weiss, um unsere Motive. Er weiss, warum wir dieses oder jenes getan oder nicht getan, gesagt oder nicht gesagt haben. Er kennt unser Herz, er kennt unsere Verletzungen, unseren Stolz und unseren Schmerz und doch ist Gott grösser!

So renne ich mit allen unrühmlichen Namen mit welchen mich mein Herz anklagt zu Gott, so wie Darlene Zschech im Song „I will run to you“ oder Lauren Daigle in „You say“ singen, denn ich will SEINE Wahrheit über mich hören.

Und das klingt dann doch gleich ganz anders: Du bist mein geliebtes Kind – Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein – Im meine Hände habe ich dich gezeichnet – Du bist geliebt – Geh aufrecht mit mir durch diesen Tag – Bei mir bist du sicher – Verlass dich auf mich – Sei still und wisse, dass ich Gott bin – Höre auf meine Stimme – Ich habe gute Gedanken über dir – Du bist wunderbar gemacht – …

Manchmal kann ich das, was Gott über mich denkt fast nicht hören, weil die Stimmen, die mich niederdrücken lauter sind als das leise Flüstern seiner Wahrheit. Dann hilft nur noch eins! Eines dieser Lieder in endlos Schlaufe, ganz laut laufen zu lassen und aus voller Kehle mir selbst zuschmettern. 😉 Hilft enorm!

Darlene Zschech „I will run to you“: (https://www.youtube.com/watch?v=8Q6FTjogqE0)

Lauren Daigle „You say“: (https://www.youtube.com/watch?v=sIaT8Jl2zpI)

Gott mit dir…

Wir können uns auf verschiedene Arten voneinander verabschieden.“Ciao, ciao“, „Tschüss, bis später“, ein kurzes Winken, eine Umarmung, drei „Küsschen“ auf die Wangen, eine Kusshand, ein kurzes Lächeln, … die Liste kann beliebig verlängert werden, wobei sie momentan wohl eher kürzer ausfällt als auch schon.

Im Alltag sind unsere Abschiede meist kurz, denn schon bald sieht man sich wieder. Die Kinder gehen zur Schule, Mann und Frau zur Arbeit, und Nachmittags oder spätestens Abends trifft man sich wieder. Aber was ist mit Abschieden, die für längere Zeit sind oder sogar für immer. Abschiede die unweigerlich kommen, wenn die Kinder ausziehen, wenn Freunde eine längere Reise machen, wenn die Schwester einen Auslandsaufenthalt plant, der Cousin auswandert,… Wie sieht der Abschied dann aus?

David und ich haben damals, als wir nach Österreich auswanderten, einen Abschiedsbrunch gemacht und alle möglichen Freunde und die Familie eingeladen. Da gab es beim Verabschieden lange Umarmungen und viele gute Wünsche mit auf den Weg. Als aber der Zeitpunkt der Abfahrt näherrückte und ich das letzte Mal meine Eltern umarmte, flossen die Tränen und die Worte steckten in meinem Hals fest. Mein Körper drückte aus was mein Herz empfand. Trauer über die bevorstehende Trennung, Angst beim Verlassen der gewohnten Umgebung, Unsicherheit vor all dem Neuen, ein Wissen darum, dass die Möglichkeit eines baldigen Wiedersehens nicht möglich war. Meine Mutter entliess mich aus der Umarmung mit einem: „Bhüet die Gott!“

Eine Formulierung, die ich schon so oft aus ihrem Mund gehört hatte. Aber an diesem Tag bekam sie eine neue Bedeutung für mich und brachte mir in Erinnerung was ich bei aller Trauer kurz vergessen hatte. Ich wusste, ich war nicht allein. Da war ein Gott, der mit dabei war bei unserem Abenteuer, der mich begleitete bei jedem Schritt. Meine Mutter sagte mir damit auch, dass sie mich ganz in Gottes Hand legte und ihre Gebete uns begleiten würden.

Wir waren die letzten Jahre viel unterwegs und es gab immer wieder Abschiede. Die schmerzlichsten sind diejenigen von Menschen mit welchen man viel erlebt hat, die mit einem eine Wegstrecke gegangen sind und einem dadurch ans Herz gewachsen sind. Oft wissen wir nicht wann und ob wir uns wiedersehen werden. Wie meine Mutter habe auch ich angefangen mich mit den Worten, „Gott mit dir“ zu verabschieden (diese drei Worte kann ich sogar durch alle Tränen hindurch hervorbringen). 😉 Eigentlich möchte ich damit sagen: „Die Zeit mit dir war unvergesslich… was haben wir gelacht und geweint… du hast einen Platz in meinem Herzen… ich werde dich vermissen und lasse dich ziehen mit der Gewissheit, dass Gott mit dir ist und über dir wacht und hoffe dass wir einander bald wiedersehen.“

So verabschiede ich mich vom heutigen Blog mit den Worten: „Gott mit dir!“

 

 

Dem Geist Nahrung geben

Seit ein paar Wochen beschäftigen mich die Hugenotten. Sicherlich nicht zuletzt, weil wir ein paar Tage in den Cevennen (in Frankreich) verbracht haben. Aber auch weil in der Familie meines Mannes seit Jahren das Gerücht umgeht, dass ihre Vorfahren als verfolgte Hugenotten in die Schweiz gekommmen sind. Möglich ist es, aber trotz vieler Nachforschungen gibt es bisher noch keine Beweise dafür. Wer weiss, vielleicht wollten die Vertriebenen nicht zu viele Spuren hinterlassen um ihren Neuanfang in einem anderen Land nicht zu gefährden?

Es gibt verschiedene Figuren, die während der Zeitspanne in der die Hugenotten verfolgt wurden, hervortreten. Eine davon ist Marie Durand. Sie wurde 1712 in ein protestantisches Elternhaus geboren. Ihre Eltern blieben dem reformierten Glauben treu, trotz aller Verfolgung, die seit dem Widerruf des Ediktes von Nantes über die Protestanten in Frankreich hereingebrochen war. Maries Mutter wurde verhaftet und starb im Gefängnis. Sie selbst wurde bei einem geheimen Treffen der Hugenotten, nur einen Monat nach der Verhaftung ihres Verlobten, gefasst und für 38 Jahre in den „Tour de Constance“ in Aigues-Mortes gesperrt. Zu Beginn gehörte sie zu den jüngsten der ungefähr 30 Gefangenen. Man sagt, dass sie zur Seelsorgerin für ihre Mitgefangenen wurde. Mit 56 Jahren wurde sie entlassen, körperlich gebrochen, aber geistig wach. Die letzten acht Jahre ihres Lebens verbrachte sie in Freiheit in dem Dorf in welchem sie geboren wurde.

Wie hat sie das nur gemacht? Wie hat sie diese 38 Jahre überlebt? Warum ist sie nicht wahnsinnig geworden? Warum hat sie nicht aufgegeben? Selbst als sie die Kunde erreichte, dass ihr Bruder verraten und hingerichtet wurde, hat sie an ihrem Glauben festgehalten. Für mich eine unglaubliche Geschichte!

Vor ein paar Tagen stiess ich auf einen Vers im Brief an die Galater: „… wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten…“  und eine leise Ahnung stieg in mir auf. Marie Durand hat ihrem Geist Nahrung gegeben. In der ganzen Dunkelheit mit der sie wortwörtlich umgeben war, hat sie sich nach Nahrung ausgestreckt, die mehr beinhaltete als Ballaststoffe, Proteine und Vitamine. Es war ein Brot, das nicht in einem von Menschenhand gebauten Ofen gebacken werden konnte. Was wir unserem Geist füttern ist was uns trägt, uns gefangen hält oder uns frei macht.

Womit ernähren wir uns heute? Welche Gedanken lassen wir Wurzeln schlagen? Womit füttern wir unseren Geist? Worauf fokussieren wir uns? Womit stillen wir unseren Hunger, unsere Sehnsucht?

Wo ist nur die Zeit geblieben?

Letzte Woche feierte unser Jüngster seinen 10. Geburtstag. Waaaas schon zehn Jahre????!!!! Ja, wo ist die Zeit nur geblieben? Jetzt sind wir definitiv aus der Kleinkindphase heraus. Schon länger gibt es keine Windeln mehr zu wechseln, Essen das kleingeschnitten werden muss oder jemand der herumgetragen werden will. Auf der Suche nach einem Bild für diesen Blog stiess ich auf dieses Foto. Es wurde 2014 in Wien aufgenommen.

Dies ist ein unbeschwerter Moment in einer nicht sehr einfachen Phase in unsererm Leben. Wir hatten wenige Tage davor unsere Pässe vom amerikanischen Konsulat zurückgeschickt bekommen – ohne Visa. Ein harter Schlag, hatten wir doch alles auf eine Karte gesetzt und unser Zuhause für ein Jahr an jemand anderes vermietet um eine Bibelschule zu machen. Freunde aus Wien luden uns ein bei ihnen zu wohnen bis wir wussten wie es weitergehen soll. So packten wir unsere vier grössten Schätze und für jeden von uns einen Koffer ins Auto und fuhren nach Österreich. Auf der Fahrt wurde uns erst richtig bewusst, was eigentlich passiert war. Wir hatten weder ein Zuhause, noch eine Vision noch einen Halt. Es schien als hätte Gott uns bestellt – in die USA – aber dann nicht abgeholt. So strandeten wir in Wien…

Wenn ich heute daran zurückdenke und alles was wir danach erlebten, kann ich nur staunen über Gottes Treue. Wenn ich Fotos von dieser Zeit anschaue, komm mir immer der Gedanke: „Unsere Kinder waren noch so klein!“ Ja sie waren klein, sie sind aber mit uns innerlich und äusserlich gewachsen. Wir haben ihnen viel zugemutet, haben viel gemeinsam erlebt und durchgestanden und wenn sie heute anschaue bin ich sehr stolz auf jedes einzelne von ihnen.

Die Treue unseres himmlischen Vaters, die uns die letzten Jahre durchgetragen hat, lässt mich auch ruhig sein über der Gegenwart und der Zukunft für uns und unsere Kinder. Genauso wie Gott zu seinem Volk Israel sagt, dass in der Verbannung ist: „Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.“ (Jeremiah 29, 11)

Diese Zuversicht und Hoffnung wünsche ich uns allen in dieser Zeit …

 

 

Ein Wagnis ohne Halt?!

Gestern hing ich – zum ersten Mal in diesem Jahr – wieder einmal an einem Kletterfelsen in Frankreich. Das Wetter war so schön und wir genossen die Sonnenstrahlen auf unserer Haut.

Wie so oft kam der Moment an dem ich für meine zwei Füsse und meine Hände einen guten Halt finde aber dann nicht mehr weiter komme. Den Stand den ich habe ist sicher, sehe aber nicht wie es weitergehen soll. Vor mir ist noch ein ziemliches Stück bis zum Ziel und zurück kann ich nicht mehr. Natürlich weiss ich, dass ich immer rufen kann: „Ich komme runter!“ und meine Mann seilt mich dann ab. Aber mein „Dickschädel“ lässt das meist nicht zu, denn ich will doch oben die Aussicht geniessen mit dem Wissen, dass ich es geschafft habe. 😉 Also was mache ich jetzt?!

Häufig braucht es ein paar Rufe von unten und/oder ein paar Versuche wie und wo ich meine Füsse und Hände neu platzieren kann. Dann kommt der Moment in dem ich einen kleinen Schritt wage ohne zu wissen, wo meine Hand den nächsten Halt findet. Dieses Wagnis braucht mich immer wieder sehr viel Mut und macht mich dann euphorisch wenn ich den tückischen Felsen überwunden habe und es spornt mich an weiterzugehen.

Diese Klettersituation hat mich schon des öfteren zum Nachdenken gebracht. Oft scheint es einfacher an Ort und Stelle zu bleiben mit einem guten Stand für Hände und Füsse. Aber so funktioniert es im Leben nicht. Ein Stehenbleiben kommt nicht in Frage. Wie würde das wohl ausgehen? (Ein Skelett am Felsen 🙃) Darum gibt es nur den Weg nach oben mit dem Ziel die Aussicht zu geniessen. Diesen ersten Schritt aus dem sichern Stand ins Ungewisse braucht Mut und Abenteuerlust, aber es lohnt sich!

Ich bin ehrlich, gestern habe ich aufgegeben. Ich hatte zu wenig Mut, traute meiner Kraft und meinem Halt mit den Kletterschuhen auf dem Felsen nicht. So stand ich, nicht lange nach meinem Aufbruch hinauf in den Felsen, wieder unten. Statt der erhöhten Aussicht genoss ich die Sonne und die Sicht auf das Wasser mit festem Boden unter den Füssen. Das heisst aber nicht, dass es das nächste Mal nicht wieder mit einem Felsen aufnehmen werde.

Ich wünsche uns allen viel Zuversicht in unseren Wagnissen des Lebens…