Fallbeispiele

Gestern hat jeder von unserem Team sich in ein Fallbeispiel von Menschenhandel und Zwangsarbeit, vorwiegend im Vereinigten Königreich, eingelesen und seinen Fall dann den anderen präsentiert. Wir fokusierten uns auf drei Fragen:

  1. Was führte die Opfer dazu loszuziehen und sich in diese verletzliche Situation zu begeben?
  2. Wann war der Zeitpunkt, als sie merkten, dass sie in eine Falle geraten waren?
  3. Wie konnten sie in der aussichtslosen Situation gehalten werden?

Ich nahm mir einen Fall aus der Schweiz vor. Mein Opfer stammt aus Bangladesh und bezahlte eine Vermittlungsagentur in der Hoffnung durch einen Job im Ausland seine Familie ernähren zu können. Der Moment des Aufwachens war als er seinen Arbeitgeber nach dem Lohn fragte und dieser wütend auf diese Frage reagierte und ihm mit noch härterer Arbeit drohte. Die Hoffnung doch noch seinen Lohn zu erhalten, seine Verschuldung durch die Zahlung an die Agentur und die Reisekosten hielten ihn im Hamsterrad und seine Krafte sich zu wehren schwanden; denn er musst in einer Hinterkammer des Restaurants mit fünf anderen Arbeitern auf einer dünnen Matte schlafen und 15 Stunden pro Tag arbeiten. So wurde er mehr und mehr übermüdet und entkräftet. 

Dies ist ein Vorfall in einem Restaurant in der Schweiz! (Ich hänge das Fallbeispiel unten noch an.)

In einer vorangeheneden Runde haben wir mit dem CEO des CIOB (Chartered Institute of Building) über die Grenze zwischen Ausbeutung und Arbeit unter Zwang, bzw. Menschenhandel diskutiert. Dabei ist es manchmal gar nicht so einfach einzuschätzen, sind doch die Bedingungen und sogar der Lohn hier im Westen oft immer noch attraktiver als in den Herkunftsländern. Doch nach der Runde gestern waren wir alle übermannt bei der hohen Gewalt in den Fällen. Männer werden wirklich als Sklaven gehalten, entkräftet, entmutigt, geschlagen und teilweise unter Todesandrohung in Schach gehalten. 

Die Häfte der Fälle in Grossbritanien sind selber Briten. Oft sind dies Kinder oder beispielweise Obdachlose oder Menschen mit mentalen Schwierigkeiten, deren Verletzlichkeit ausgenutzt wird. Gerade heute hat mir eine Frau des anderen Theaterteams, das auch in diesem Gebäude probt, erzählt, dass nur zwei Stockwerke unter ihr ein Mann zwölf Chinesen in der Garage gehalten hatte. Sie hatte sich total geschämt, dass dies so nahe bei ihr möglich war. Der Mann hat eine Strafe von 60 000 Pfund gekriegt. Drogendelikte werden oft viel höher bestraft. Das niedrige Risiko und die enormen Gewinne machen das Geschäft mit den Menschen sehr attraktiv. Ich habe der Polizei in der Schweiz noch eine eMail geschrieben mit der Bitte noch mehr Fallbeispiele zu senden.

Hier noch das Fallbeispiel auf http://18oktober.ch/de/more-about-human-trafficking :

Kamal (21) aus Bangladesch sucht Arbeit im Ausland, weil er in der Heimat keine oder nur eine sehr schlecht bezahlte Arbeit findet, so dass er seine Familie nicht ernähren kann. Im Internet findet er eine Stelle als Kellner in der Schweiz. Er bezahlt der Vermittlungsagentur eine hohe Gebühr und fliegt kurz darauf in die Schweiz. Dort erwartet ihn, entgegen der früheren Versprechungen, keine gut bezahlte Arbeit. Stattdessen arbeitet Kamal über 15 Stunden pro Tag und schläft mit 5 anderen Personen in einem Hinterzimmer des Restaurants auf dünnen Matratzen. Als Kamal sich bei seinem Chef erkundigt, wann er seinen Lohn erhalten würde, wird der aggressiv. Er droht ihm, dass er ihn noch härter arbeiten lassen wird . Kamal ist durch die hohen Kosten des Fluges und der Rekrutierungsgebühr verschuldet. Er kann daher nicht einfach davon laufen, sondern hofft immer noch, dass er seinen Lohn erhält. Kamal ist entkräftet und weiss nicht mehr, wie weiter. Seine ganzen Hoffnungen sind auf einmal wie Seifenblasen geplatzt und er fühlt sich gefangen. Ein Gast sieht seine Not und bringt ihn zur Polizei. Durch die Polizei wird Kamal zu einer kantonalen Opferhilfestelle verwiesen. Er bekommt eine sichere Unterkunft, psychische Unterstützung und Hilfe bei der Suche einer geregelten Arbeit.

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